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huebl-Tattva-Artikel

Adäquate Beziehung als Mittel zur Heilung von individuellem und kollektivem Trauma

Thomas Hübl im Interview in der neuen Ausgabe von Tattva Viveka, Dezember 2023

Schmerzhafte Erfahrungen führen nicht selten zu einer Verdrängung des Erlebten und zu unbewussten reaktiven Verhaltensmustern. Dabei ist der Traumaresponse, der innere Prozess in traumatisierenden Situationen, ein intelligenter Schutzmechanismus unseres Körpers und unserer Psyche in sehr bedrohlichen und stark überwältigenden Situationen. Autor und Traumaexperte Thomas Hübl verrät im Interview, wie adäquate Beziehung zur Heilung von Traumata beitragen kann, und plädiert dafür, mehr Räume zur Traumaheilung zu schaffen.

Tattva Viveka: Wie hast du dich dem Thema “Trauma” angenähert?

Thomas Hübl:
Ich leite seit über zwanzig Jahren Gruppenseminare auf der ganzen Welt und bin dabei immer wieder mit Trauma in Berührung gekommen. An sich begann es aber in Deutschland. In meinen Gruppen wurden die kollektiven Traumafelder recht stark sichtbar, vor allem kamen der Zweite Weltkrieg und der Holocaust immer wieder hoch. Aus meinem heutigen Verständnis heraus weiß ich, dass es unter anderem daran lag, dass sich die Mitglieder dieser Gruppen aufgrund der meditativen Praktiken, der Selbstbewusstwerdung und tiefen Beziehungsarbeit, die wir übten, sicher fühlten sowie verbunden und aufeinander eingestimmt waren.

Dies ließ mich tiefer in dieses Themengebiet einsteigen, denn ich musste mich damit auseinandersetzen, wie wir damit umgehen, wenn ein solches Thema in einer Gruppe so massiv auftritt. Daraus entstand daraufhin der Kollektive-Trauma-Integrationsprozess. Diesen exportierten mein Team und ich aus dem deutschsprachigen Kulturraum dann in andere Kulturräume und heute arbeiten wir in der ganzen Welt mit kollektiven Traumafeldern. Das führte dazu, dass ich mein erstes Buch »Kollektives Trauma heilen« schrieb.

Tattva Viveka: Was verstehst du unter Trauma? Wie würdest du den Begriff definieren?

Thomas:
Trauma ist nicht die Erfahrung, durch die jemand geht.

Das ist eine traumatische Erfahrung, zum Beispiel Missbrauch, Gewalt, ein Autounfall oder die Vernachlässigung von Kindern in Familien. Viele Gründe führen zu Trauma. Das sind überwältigende Erfahrungen. Sie sind so überladen für unser Nervensystem, für unseren Körper, für unsere Psyche, dass wir auf der einen Seite unter extrem hohem Stress stehen, was unseren Angriff-oder-Flucht-Impuls im autonomen Nervensystem stark anregt. Oder wir geraten andererseits in einen Zustand des Eingefroren-Seins.

Es entsteht auf der einen Seite viel Stress und auf der anderen Seite hat das Nervensystem die Kapazität, diesen Stress abzudrehen, als würde in einem Teil der Stadt das Licht ausgehen. Das heißt, wir drehen im Prinzip die Sensitivität in dem Teil unseres Körpers, unserer Emotionen, vielleicht auch in mentalen Funktionen ab, damit wir besser überleben können.

Was dazwischen entsteht, ist eine Art Fraktur, eine Fragmentierung.

Das ist ein intelligenter Prozess, der über Zehntausende oder Hunderttausende von Jahren in unserem Nervensystem entstand. In einer Situation, in der wir getriggert werden, fühlen wir uns schnell aufgewühlt, gestresst, verängstigt, beschämt oder verärgert, auch wenn das oft nichts mit der Situation zu tun hat. Daraus ergeben sich dann drei Sets von Reaktionen. Zum Beispiel wird bei einigen Menschen der Angriff-oder-Flucht-Impuls aktiviert. Andere werden einfach unbeteiligter, wie taub. Sie spüren nichts mehr, sie ziehen sich nach innen zurück und werden gleichgültig. Die erste Gruppe von Personen, die “grundlos” explodiert, bekommen wir allerdings mehr mit. Plötzlich entsteht viel Stress und das versteht die Umgebung nicht.

Man fragt sich, warum er oder sie in dem Moment so reagiert. Im Gegensatz dazu ist es ebenfalls eine Triggerreaktion, wenn Menschen sich innerlich zurückziehen, sich distanzieren und taub werden. Das sieht nur anders aus. Das dritte Set von Reaktionen besteht daraus, dass wir da, wo unser Trauma sitzt, auf die Welt schauen, als würden wir durch eine fragmentierte Glasscheibe blicken, so als hätte jemand einen Stein in die Glasscheibe geworfen.

Das heißt, unsere Wahrnehmung von der Welt und unsere Beziehung zu der Welt ist verletzt. Das ist der Beginn von “Othering”, von Entfremdung. Dabei macht man andere zu anderen, indem man sich auf die Unterschiede wie die politische Meinung konzentriert. So entstehen auch Rassismus und Antisemitismus sowie viele andere Bewegungen, die wiederum traumatisch oder traumatisierend sind. …

Lies hier weiter auf der Webseite von Tattva Viveka >>

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